in your face

Patrick Ostrowsky, Benedikt Gahl 09 11 2019 – 10 12 2019

Die Ausstellung „in your face“ stellt einen raumübergreifenden Dialog zwischen den malerischen und bildhauerischen Strategien von Benedikt Gahl und Patrick Ostrowsky dar. Ihre Kunst verbindet das Nicht-Perfekte, das Prozesshafte und die Präferenz für eine ungeschliffene, direkte Formensprache. Die Ausstellung zeigt eine Kunst, die ihren eigenen ästhetischen Prinzipien folgt, sich nicht als Designobjekt inszeniert oder sich leise in ihre Umgebung einfügt.

 

In der malerischen Position von Benedikt Gahl werden alle Formfragen nach einem persönlichen, souveränen Gespür für Ästhetik, Materialität und Farbe beantwortet. Seine Kunst stellt einen absoluten Kontrast zu trivialen Bilderfluten dar, die sekundenschnell über sterile Screens und grelle Displays strömen. Benedikt Gahls Malerei will kein glattes Produkt sein, sondern ein Fenster in die Wirklichkeit, dreckig und unperfekt. Auf den Oberflächen manifestieren sich Spuren von Schmutz und Staub. Diese Relikte erwecken die Vorstellung von einem temperamentvollen, intensiven Schaffensprozess, in dem das Unvorhersehbare und die künstlerische Intuition das Ergebnis bestimmen. Doch die auf den ersten Blick informell und impulsiv anmutende Malerei entsteht in einem rationalen Arbeitsprozess aus Überlegen, Abwarten und Kontrollieren. Diese aufmerksame Auseinandersetzung fordern die Arbeiten auch von ihren Betrachtern. In vielen seiner Bilder werden landschaftliche Szenerien angedeutet, die in ihrer Farbgebung und Komposition über ihre Bildgrenzen hinaus miteinander kommunizieren. Diese Motive sind für Benedikt Gahl jedoch keine Landschaftsmalerei – sie bieten ihm formale Anknüpfungspunkte, sind funktionaler Vorwand, um Malerei durch Malerei zu erforschen und deren Möglichkeiten und Grenzen auszuloten. Neben Malerei auf Leinwand zeigt Benedikt Gahl in der Ausstellung „in your face“ großformatige Papierarbeiten, die genauso zum malerischen Oeuvre des Künstlers zählen. Die fragile Materialität des Papiers fordert eine neue Herangehensweise, eine feinere und bestimmtere Setzung von Komposition und Farbe. Denn während die Leinwandarbeiten in einem Prozess des Hinzufügens und Aufschichtens komponiert werden, entstehen die Positionen auf Papier durch Abwägen und Weglassen.

 

Der Künstler Patrick Ostrowsky studierte in Wien, Rom und München, u.a. bei Prof. Hans Schabus, Prof. Jorinde Voigt und Prof. Florian Pumhösl. Im Februar 2020 wird er sein Diplom bei Prof. Florian Pumhösl an der Akademie der Bildenden Künste machen. Seine plastischen Arbeiten changieren zwischen intransparenter Tiefe und bruchhafter Leichtigkeit. Es sind industrielle Materialien, vorgefertigte Produkte oder vorgefundene Gegenstände, die der Künstler nach und nach zu provisorisch anmutenden Plastiken komponiert. Ihre Oberflächen bleiben unbehandelt, werden nicht lackiert oder glattgeschliffen. Sie fordern uns dazu auf, uns hinzuknien und genauer hinzusehen, auf die Strukturen des rauen Materials, in die feinen Auskerbungen und tiefen Hohlräume, wo das Innenleben der Skulpturen freigelegt ist. Zwischen Holz, Beton, Epoxidharz und Gips verbergen sich banal wirkende Gegenstände aus dem Alltag, wie beispielsweise ein Glückscent, ein Pappbecher oder ein Stromkabel. Diese Relikte eröffnen eine narrative Ebene, rufen individuelle Assoziationen und Erlebnisse hervor. Seine Arbeiten entstehen orts- und raumspezifisch, enthalten oft Reminiszenzen auf die Kunstgeschichte, wie beispielweise auf antike Hermen oder Minimal Art („L-beams“, Robert Morris), manchmal geben sie vor, alltäglichen Nutzen zu erfüllen. Die Plastik „BURNING!“ entstand während eines Stipendiums in Lichtensteig (CH) im Sommer 2019 und wurde dort als partizipative Arbeit in einer Performance präsentiert. Der Hauptkörper besteht aus feuerfestem Beton und Gips. Diese zunächst flüssigen Materialien wurden schrittweise in ein Rohr aus Pappe gegossen, das auf einem abgebrochenen Ziegelstück montiert wurde. Diesen Ziegelstein hatte der Künstler zuvor aus dem Fluss Thur in Lichtensteig geborgen. Während der Performance wurde die Plastik als Ofen an einem öffentlichen Platz von Besucherinnen und Besuchern beheizt. In den Ausstellungsräumen der Galerie Rettberg erfährt der Ofen einen Funktionswechsel, wird vom kollektiven Gebrauchsgegenstand zum Kunstobjekt. Die Spuren, die Feuer und Rauch auf der Plastik hinterlassen haben, wurden vom Künstler bewusst nicht entfernt. So wie der Schmutz als Teil der Malerei von Benedikt Gahl, zählen auch diese beabsichtigten Unvollkommenheiten zu den ausschlaggebenden Bestandteilen der plastischen Arbeiten von Patrick Ostrowsky.

Overview

Patrick Ostrowsky

Benedikt Gahl

Presse
Credits

Velimir Milenković (Fotos)

Ausstellungsansichten